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17.September 1998 | |||
Profis
reduzieren das Risiko
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Es liegt in der Natur der Sache, daß im Eventmarketing
nicht vor Überraschungen gefeit ist. Fragt sich nur, wie man sich dagegen
wappnet. Oder wie die unliebsamen Zwischenfälle bereits im Vorfeld einkalkuliert
werden. Wie auch immer im Einzelfall auf den Event-Gau reagiert wird,
eines ist sicher: Deutschlands Eventprofis lassen sich von solchen Dingen
nicht überrumpeln. Sie beziehen Restrisiken - sei es ein Gewitter beim
akribisch geplanten Open-Air-Ereignis, sei es ein Totalausfall der Technik
beim Groß-Event in der Halle - in ihre Planungen ein. Markus Heim beispielsweise,
Bereichsleiter Eventmarketing bei Sponsor Partners in Bonn, schwört auf
eine präzise Ablaufplanung. "Eine genaue Aufgabenverteilung und exakte
Kompetenzzuweisung sind enorm wichtig. Jeder muß wissen, was er zu tun
hat", so seine Marschrichtung. Bei der Presse-Weltpräsentation des Golf
IV beispielsweise organisierten 350 Mitarbeiter ein Event, an dem rund
800 Journalisten teilnahmen. "Man muß bei Events mit genau vorgegebenen
Drehbüchern arbeiten und darf nicht dem Zufall überlassen", erklärt heim.
Und dazu gehöre auch, alle Eventualitäten zu berücksichtigen. Dann sei
das Restrisiko kalkulierbar und somit nahezu auszuschließen. Ein erfolgreiches
Event zeichne vor allem die Liebe zum Detail aus. "Der Teilnehmer muß
spüren, daß er ernst genommen wird, daß er dem einladenden Unternehmen
sehr wichtig ist", empfiehlt Markus Heim und konkretisiert diese Kleinigkeiten.
"Das fängt bei der individuellen Einladung an, setzt sich fort über eine
Begrüßungskarte im Hotel und die kleinen Aufmerksamkeiten auf dem Zimmer
des Teilnehmers, es schließt Erinnerungsfotos ebenso mit ein wie Giveaways,
die einen direkten Bezug zum Event haben, und es gipfelt schließlich in
der Rund-um-die-Uhr-Betreuung der Teilnehmer." So selbstverständlich diese
dinge klingen mögen, Heims Erfahrungen aus diversen Kundengesprächen zufolge
werden sie häufig genug vernachlässigt. Ralf Domning, Teilhaber der Solinger
Agentur Kogag, verläßt sich ebenso auf präzise Ablaufpläne, die helfen
sollen, das Risiko zu minimieren. "Patentlösungen gibt es nicht", räumt
er zwar ein. Aber sorgfältig durchdachte Konzeptionen bezögen Restrisiken
ein. "Notpläne und Schlechtwetter-Alternativen" müsse man einfach fertig
in der Tasche haben.
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Events
sind stetig von Pannen bedroht.
Agenturbosse empfehlen dagegen den Einsatz von Spezialisten. Von Hanspeter Heckel |
Ramon Olivella von der Münchener Agentur Move, die unter anderem die Inscene-Tour
für Karstadt organisiert hat, bedauert mit einem Augenzwinkern, daß es
"kein Buch gibt, in dem die Schritte aufgezählt werden, die zu einem Erfolg
der Eventbemühungen führen", um gleich darauf hinzuweisen, das sei gut
so. "Sonst wären doch Agenturen in diesem Bereich überflüssig". Dementsprechend
ist auch Olivellas Garantieempfehlung für eine gelungene Erlebnisinszenierung
die Einschaltung einer Agentur, die "fundiertes Marketingwissen, Kreativität,
Inszenierungs- und Operations-Know-How, Gewissenhaftigkeit und Erfahrung
ins Feld führen kann, um einen gelungenen Event sicherzustellen". Matthias
Kindler, Gründer der Event-Company in München, die unter anderem das Marlboro-Filmproject
betreut, redet der Liebe zum Detail das Wort. Er weiß, daß man alle möglichen
"Horror-Szenarien gedanklich durchspielen und Back-ups planen muß", um
den Event-Gau zu vermeiden. "Und sollte trotz dieser detailgenauen Planung
mit Einbeziehung aller möglichen Katastrophen dennoch etwas Unerwartetes
passieren, hilft nur noch eins: improvisieren auf Teufel komm raus! "Der
große Reiz an einem Event ist gleichzeitig auch eine Gefahr: Das Event
ist immer live! Es kann nicht nachgebessert werden, und schnell hat man
die Lacher auf seiner Seite", warnt auch Gudmund Semb von der WOB Event
in Viernheim. Seine Schlußfolgerung: "Eventmarketing sollte nicht auf
die leichte Schulter genommen, sondern immer in professionelle Hände gegeben
werden". Nur so seien vorprogrammierte Pannen weitgehend vermeidbar.
Bleibt festzuhalten: Events, darin sind sich die Agenturbosse einig, sollten
nicht ohne die Mithilfe professioneller Partner organisiert werden. Um
ihre Kompetenz unter Beweis zu stellen, haben sich die Profis mittlerweile
mit dem Forum Marketing-Eventagenturen (FME) eine Interessenvertretung
geschaffen. Ihre Aufgabe ist es unter anderem, in absehbarer Zeit aussagekräftiges
Datenmaterial zu liefern, wie die FME-Geschäftsführerin Elfie Adler betont.
Dazu soll auch der Wirkungsnachweis zählen - der naturgemäß schlecht ausfällt,
wenn Events von Pannen begleitet werden.
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Kein Wunder, daß auch Komning das dramaturgisch aufbereitete Event-Drehbuch
für ausschlaggebend hält. "Interaktion und emotionales Erleben stehen
im Vordergrund", erklärt Domning, denn "Events sollen Freiräume schaffen
- im übertragenen wie im Wortsinn". Gleichzeitig warnt er davor, das Publikum
in "Frontalvorträge, stundenlang Reden und Passivität zu tauchen". Living-Media-Geschäftsführer
Arnd Schäfer und Michael Kaschytza bauen auf ihre langjährige Erfahrung
in Sachen Erlebniskonzeption. Da könne man schon eine ganze Reihe an potentiellen
Pannen im Vorfeld ausschließen. Andererseits aber seien Pannen gar nicht
so dramatisch. "Viel schlimmer ist es, wenn ein Event an der Zielgruppe
vorbeiläuft, mehr sein will, als es zu leisten vermag", warnen sie vehement.
Denn "wenn sich die Zielgruppe überrumpelt fühlt, in ihren Bedürfnissen
nicht ernst genommen wird, wenn die Kultur einer Firma nicht aufgenommen
und erlebbar gemacht wird, wenn ein Event nicht authentisch ist", sei
de Event-Gau erreicht. Salopp bezeichnen sie das als Dracula-Effekt: Das
Event frißt seine Macher. Carsten Knieriem, bei der TC-Gruppe in
Ludwigsburg für die Tochterfirma TC-Event verantwortlich, empfindet die
Tatsache, daß bei Events einiges schiefgehen kann, ebenfalls als völlig
normal. "Es gibt einen Tag, eine Stunde, eine Minute, auf die genau das
Event abgestimmt ist und wo es kein Zurück mehr gibt", warnt er alle Werbetreibenden.
Vor allem dann, wenn Unternehmen ihre Events in Eigenregie organisieren,
sei die Chance für Pannen deutlich höher als bei der Einschaltung von
Agenturen. "Wir wissen, was schiefgehen kann, und so haben wir für jede
kritische Situation bereits im Vorfeld eine alternative ersonnen", spricht
er pro Dom und für seine Kollegen. Knieriem weist zudem darauf hin, daß
eventuelle Alternativen "im Vorfeld mit allen Akteuren durchgesprochen"
werden müssen.
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Entscheidend sei aber bei jedem Event, daß vor Ort ein Regisseur anwesend
sei, der "Falle einer Funktionsstörung das richtige Mittel ergreifen"
könne. Auch Vok Dams, Chef der gleichnamigen Wuppertaler Agentur, weist
grundsätzlich auf die Kompetenz entsprechender Partner hin. "Die Realisierung
von Marketingevents mit professionell arbeitenden Marketingeventagenturen
schließen größere Pannen generell aus", betont er. Auch er pocht auf den
strategisch und dramaturgisch konzipierten Ablaufplan. Damms empfiehlt
darauf zu achten, daß auch die Eventagenturen bei ihren eigenen Dienstleistern
auf eingespielte Teams zugreifen. Weiter plädiert er für großzügig bemessene
Vorlaufzeiten, die sowohl entspannte Aufbauphasen wie auch entsprechende
Proben ermöglichen. Und auch Vok Dams würde keinesfalls ohne Regie vor
Ort ein Event inszenieren. Claus Runge von Franke&Runge in Hannover
hat ebenfalls gelernt, mit Pannen zu leben - und schreibt allen Werbungtreibenden
ins Stammbuch, Events tunlichst nicht ohne professionelle Hilfe zu veranstalten.
Sollte es dennoch zu einer Panne kommen, sei das zwar ärgerlich, aber
noch lange Weltuntergang, da normalerweise auch "menschliches Versagen"
einkalkuliert sei. Runge: "Wichtig ist: Die Agentur sollte diese Pannen
bemerken, der Kunde besser nicht und auf keinen Fall der Gast des Kunden."
Eine 120 Punkte umfassende Checkliste hat die Essener Agentur TAS ausgearbeitet.
Sie soll helfen, bei der Organisation eines Events nichts zu vergessen.
"Unsere standardisierten Logistikabläufe sind eine große Hilfe", sagt
TAS-Chef Torsten Görke. Vor allem die Erfahrung aus der Vergangenheit
habe hilfreiche Dienste geleistet. "Von 1990 bis 1992 haben wir die Trendsportart
Bungee mitvermarktet", so Görke, "in dieser Zeit haben wir unsere perfekte
Logistik aufgebaut, den bei diesem Sport hängt das Leben an einem Faden,
da ist Perfektion unabdingbar." Außerdem habe man es sich bei TAS angewöhnt,
eine Worst-Case-Planung für jedes Event zu erstellen.
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