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aus: "Märkte im Dialog - Die Messen der dritten Generation" von: Martin Klein, Unternehmensberater und Partner von Living Doll Factory, Leipziger Messeverlag 1997 |
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nutzbar zu machen. Es ist auch nicht möglich, ein solches Konzept auf
einen Schlag mit einer Großmesse zu veranstalten. Weil ja nicht alle,
zum Beispiel, Softwareprodukte einer Computermesse sich in eine Leitidee
einbinden lassen. Es ist aber vorstellbar, daß sich das neue Gestaltungsproiekt
aus einer einzigen Produktgruppe entwickelt. Indem sich die Hersteller
von zum Beispiel medizinischer Software in einem begehbaren Modell des
menschlichen Körpers versammeln und ihre Produkte in eher zurückhaltender
und damit das Einsatzfeld würdigender Form in Guckfenstern präsentieren,
hinter denen sich Gesprächsnischen befinden. Da wird dann Medizin nicht
mehr nur präsentiert, sondern inszeniert - und eben die Inszenierung macht
die Erlebniswelt Messe in Zukunft aus. Manchem mag das bisher Gesagte
klingen wie eine Spieldose, die viele fröhliche animierende Lieder auf
der Walze hat. Wäre es mit der Erlebniswelt Messe aber so, daß es nur
darum ginge, einen bunten Zirkus zu veranstalten, dann würde diese bald
auch wieder in marktschreierischer Belanglosigkeit versinken. Viel mehr
sind aber alle Inszenierungen allein dazu da die Bedingungen für Marktkommunikation
zu optimieren. Deshalb ist auch eher Zurückhaltung angesagt. Es muß jedoch
wieder spannend werden, sich auf die Messe zu begeben; es muß die Gewißheit
herrschen, das Unerwartete anzutreffen. Wenn es im kulturellen Beiprogramm
geliefert wird - schön. Aber versetzen wir uns noch einmal in die Zeit,
als der Firmen patriarch sich in seinen Ford M 12 setzte, um in Hannover
Hanomag-Trecker und andere Sensationen zu betrachten: Damals war Wirtschaften
tatsächlich noch ein Abenteuer. Eines, das die goldene Nase voraussetzte
und die Fähigkeit zur Vision. Heute kommen die Funktionäre. Die aber meist
auch deshalb nur Funktionäre sind, weil sie sich in Zwängen haben einmauern
lassen. Und sie verhalten sich auf Messen auch deshalb wie Funktionäre,
weil ihnen dort nicht mehr geboten wird, als der AussteIler denkt, es
Funktionären zumuten zu dürfen. Diese Barrieren können die Aussteller
nicht von sich aus überspringen. So sind die Messegesellschaften aufgerufen,
Keime für Visionen zu legen. Durch Themenvorgaben, die den latent schmerzenden,
aber noch ruhigen Nerv tatsächlich treffen. Zum Beispiel, auf die Leipziger
Messe mit ihrem Anspruch als Scharnier zwischen Ost und West bezogen,
eine intensive Erörterung der möglichen Folgen, wenn sich der militärisch-industrielle
Komplex der ehemaligen UdSSR auf seine Stärken zurückbesinnt und eine
Wirtschaftsinvasion in Gang setzt.
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