Die
erste Frage muß lauten: Wie fühlt sich der Messebesucher? Er befindet sich
in einer ungewohnten Umgebung nicht am Arbeitsplatz und ohne den gewohnten
Streß. Er hat Orientierungsschwierigkeiten und erleidet pausenlos Frustationserlebnisse:
die Restaurants überfüllt, Gesprächspartner nicht vorhanden, schlechte Luft,
wehe Füße. Da reagiert er auf jede weitere Verletzung seines Wohlbefindens
allergisch. Dabei hat der Aussteller es doch in der Hand: Der Besucher fst
im Prinzip ja auch einer, den er endlich einmal losgelöst von der täglichen
Routine antrifft, in einer geänderten persönlichen Disposition, mit neugieriger
Grundstimmung, in einem frei zu gestaltenden Raum persönlicher, eben nicht
medialer Kommunikation. Was es braucht, sich diese Disposition zu erschließen
ist Geborgenheit und Emotionalität. Beides zusammen, wohlgemerkt; eben Erlebnisqualität.
Diese Chance bietet sich ja nur auf der Messe. Es sei hinzugefügt: Disneyland
ist durchaus ein Vorbild, wenngleich mit der Einschränkung, daß es bei den
Messen nicht um die Gestaltung eines Rummelplatzes geht. Sondern darum,
den Besucher in seiner Erwartungsdisposition abzuholen und zu begleiten.
Im Disneyland: bei seiner Wundergläubigkeit und Amüsierbereitschaft. In
der Messe: bei seiner Bereitschaft, sich informieren zu lassen und überwältigt
zu werden von Gesprächen, Anregungen und neuen Reizen. Ausschlaggebend bei
beiden, Disneyland wie Messe: die inerte Stimmigkeit des Gesamterlebnisses.
Alle anderen Versuche, ihn bei seinem Interesse zu fassen, Hausmessen etwa
oder jene rollenden Geisterbahnen, die sich Roadshows nennen bringen dem
Besucher nicht annähernd den Nutzen, wie er ihn sich von einer Messe verspricht
[wenngleich er ihn dort nur selten erhält und der ihn mit einer grundsätzlichen
Gesprächsbereitschaft zum Stand des Ausstellers führt.
Was bedeutet das aber: Erlebnisqualität? Das ist ein Ding der Trends und
Moden. Es war eben einmal der letzte Schrei (und es wurde von den Besuchern
begeistert aufgenommen], von einem Sterne-Koch beköstigt zu werden. Living
DolIs waren einmal eine unerhörte Attraktion. Prominente haben einmal die
Besucher scharenweise angelockt. Produkttheater hat einmal die Leute zum
Nachdenken veranlaßt. Das ist heute, qua Übersättigung, nicht mehr der Fall.
Es zieht nicht mehr so recht, wenn prominente TV-Moderatoren das Publikum
anbrüllen und Freiwillige in Shows auf dem Niveau Hape Kerkelings langweilen.
Die Wirksamkeit von Krawall und Animation ist endlich; und Wirkung bringen
sie auch nur, wenn sie antizyklisch eingesetzt werden.